10 Jahre Riester-Rente – Erfolgsmodell private Altersvorsorge?

Die im Jahr 2001 eingeführte Riester-Rente ist eines der beliebtesten, wenn nicht das beliebteste Altersvorsorge-Produkt der Deutschen. Das hat seinen Grund, die Förderungen sind großzügig, Familien mit Kindern profitieren besonders. Die Kritik an der Riester-Rente bezieht sich vor allem auf die teilweise mangelnde Transparenz – wie Walter Riester selbst im Frühjahr des Jahres 2011 eingestand.

Riester-Rente: Beliebt bei Jungen und Kinderreichen

Nach Angaben des Versicherungsverbandes GDV kommt die Riester-Rente bei Angestellten bis Mitte 30, bei kinderreichen Familien und bei Personen mit relativ geringem Einkommen am besten an. Die Zahl der Verträge zeigt den Zuspruch deutlich: Sie stieg von 1,4 Millionen im Jahr 2001 auf 14,8 Millionen Ende Juni 2011, das Bundesarbeitsministerium erwartet bis Ende 2011 das Übersteigen der 15-Millionen-Marke. Vor allem in den Einkommensgruppen bis 30.000 Euro jährlich sind die Verträge beliebt, sie machen zusammen etwas mehr als die Hälfte aller Riester-Sparer aus. Die Haushalte der 18- bis Mitte 30-Jährigen verfügen über knapp 40 Prozent aller Verträge. Das liegt an der Konstruktion der Rente, die Zulagen für Kinder gewährt und langes Sparen effektiv belohnt. Familien mit drei und mehr Kindern riestern daher zu knapp 60 Prozent, bei Haushalten mit einem Kind sind es rund 33 Prozent, bei denen mit zwei Kindern knapp 50 Prozent. Vor allem die Wohn-Riester-Rente hat es vielen angetan, so dass dieses noch relativ junge Angebot zuletzt zu einem wahren Verkaufsschlager der Finanzbranche geworden ist.

Kritische Stimmen zur Riester-Rente

Die Transparenz der Verträge ließ lange zu wünschen übrig. Ein Betriebsunfall ereignete sich, als im April 2011 die Zulagenstelle von Riesterern bereits gewährte Förderungen zurückverlangte. Die Betroffenen hatten einfach versäumt, bestimmte Änderungen ihrer Lebensverhältnisse bekannt zu geben, in der überwiegenden Mehrheit aus Unkenntnis. In Interviews räumte der ehemalige Arbeitsminister Walter Riester ein, dass sein Konstrukt teilweise nicht leicht zu verstehen sei. Gekoppelt wurde im Frühjahr 2011 diese Kritik mit der Vermutung, dass bei einigen Anbietern die Gebühren die Zulagen „auffressen“ würden. Das scheint jedoch so nicht haltbar zu sein. Experten rechneten viele Dutzend Riester-Tarife durch und entdeckten einige Gebühren-Exzesse, das sind allerdings absolute Ausnahmen. Und wie bei jedem Vorsorgeprodukt gilt auch bei der Riester-Rente: Wechseln geht immer.

Riester im Auftrag von Rürup

Von wegen Rente, die Herren Rürup und Riester, beide mittlerweile im Rentenbezugsalter angekommen, starten auf ihre alten Tage noch einmal richtig durch. Im Rahmen der Maschmeyer Rürup AG Büroeinweihung in Frankfurt am Main, trafen die drei Väter der privaten Altersvorsorge aufeinander und offenbarten auch ein Jahrzehnt nach der Erfindung der privaten Altersvorsorge – besser bekannt als Riester-Rente und Rürup-Rente, großes Zusammengehörigkeitsgefühl.

Altkanzler Schröder unter den Gratulanten

Während Altkanzler Schröder – der einstmals die Idee der privaten Altersvorsorge in die Politik hievte – zum feiern vorbei gekommen war und die beiden Unternehmensgründer Carsten Maschmeyer (Ex-AWD-Chef und AWD Unternehmensgründer) und Bert Rürup (Ex-Wirtschaftsweiser und Ex-Professor der Uni Darmstadt) zu ihrem gemeinsamen unternehmerischen Vorhaben beglückwünschte, schaute mit Walter Riester auch noch der damals zuständige Bundesminister bei der Einweihungsparty vorbei. Jener Riester, der die private Altersvorsorge massentauglich und die Riester-Rente zur Volksaltersvorsorge gemacht hatte.

Angesichts des an diesem Abend in Frankfurt versammelten Wissens um die private Altersvorsorge war es kaum überraschend, dass die neue Maschmeyer Rürup AG vornehmlich Versicherungen und Finanzdienstleister in dem Geschäftsfeld der privaten Altersvorsorge beraten möchte und ganz nebenbei das passende Netzwerk, bestehend aus Wirtschaft und Politik an einem Ort zusammenbrachte.

Walter Riester berät zum Thema Riester-Rente

Eine Überraschung hatte das Start-Up Maschmeyer Rürup AG dann allerdings doch zu verkünden, der ehemalige Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester wird neben seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment (Union Asset Management Holding AG) auch als Mitarbeiter der Maschmeyer Rürup AG tätig werden. Das erscheint nur unternehmerisch konsequent, denn wer könnte besser zu diesem Thema beraten, als der, der es politisch verantwortet hat.

Riester-Rente bremst Wachstum

Da denkt man immer, man hätte langsam alle Argumente für und wider die staatlich geförderte Altersvorsorge, kurz Riester-Rente, gelesen und dann wird man doch wieder neu überrascht. Die aktuelle These lautet: Riester-Rente schadet Wirtschaftswachstum.

Wirtschaftsschädling Riester-Rente kostet jährlich 0,8% Wachstum

Verantwortlich für diese neue These ist das in Berlin beheimatete Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Die Argumentation lautet in diesem Fall: Wenn nicht die Bundesbürger seit 2002 die Möglichkeit nutzen würden im Rahmen einer staatlich geförderten Altersvorsorge jedes Jahr bis zu 4 Prozent Einkommens in eine Riester-Rente einzuzahlen, dann wäre die Wirtschaft seit 2002 in jedem Jahr um zusätzlich rund 0,8% gestiegen.

Außerdem: Wären die für die Alterssicherung aufgewendeten Beiträge stattdessen in den Konsum gegangen, wären nicht nur Arbeitsplätze gesichert worden, es hätte zusätzlich eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung stattgefunden, die für die Sparer eine geringere finanzielle Belastung bedeutet hätte als dies jetzt mit der Riester-Rente der Fall ist.

Kosten der eigenen Altersvorsorge gehen immer mehr zu Lasten der Arbeitnehmer

Konkret bedeutet das, dass die Kosten für die eigene private Altersvorsorge von den Betroffenen alleine zu tragen ist und dadurch zu einer Entsolidarisierung des (Renten-)Systems und höheren Kosten für die Allgemeinheit führt, da rein kalkulatorisch Arbeitnehmer im Jahr 2030 15 Prozent ihres Lohns für die Altersvorsorge aufwenden, wovon 11% auf die Hälfte des Beitragssatzes von 22% und 4% auf die private Vorsorge entfielen.

Würde keine private Altersvorsorge betrieben, die den Rentenbeitrag stabil halte, würde zur der Beitragssatz bei 25% liegen, die Gesamtbelastung würde für Arbeitnehmer allerdings lediglich 12,5 Prozentpunkte betragen, da diese jeweils hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragen sind.

Allerdings – das sagt das IMK leider nicht, würde dies zu einem Anstieg der Arbeitskosten führen, die mit einem deutlichen Wettbewerbsverlust der ohnehin angeschlagenen, da auf Export ausgerichteten, deutschen Wirtschaft einhergehen würde. In der Folge würden Unternehmen verstärkt Arbeitskosten senken, sprich Personal freisetzen und damit nicht nur die Sozialkassen zusätzlich belasten, sondern auch dafür sorgen, dass bei noch mehr immer länger Arbeitsuchenden Bürgern der gesetzliche Rentenanspruch gar nicht erst zu einem sinnvollen Niveau ansteigen kann.

Vorgeschlagene Lösungen?

Keine. Oder vielleicht besser: Die aus Sicht einer Gewerkschaft logische: Jeder sollte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Damit hätte man dann wenigstens dafür gesorgt, dass Selbstständigen und Freiberuflern jeden Monat 19,9 % ihrer wie auch immer festgestellten Erlöse zur Alterssicherung abgenommen würden und gar kein Anreiz mehr bestünde Existenzgründer (es gibt wichtigere Gründe – für mich z.B. war dies ein gewichtiger Grund) zu werden.

Was lernen wird daraus? Erstens: Nicht jedes Institut ist frei von politischer Einflussnahme. Zweitens: Sorgen Sie fürs Alters vor, aber verzichten Sie nicht auf Dinge die Ihnen wichtig sind.

Riester-Rente verstößt gegen EU-Freizügigkeit

Auch wenn die EU-Bürokratie von niemandem so wirklich ins Herz geschlossen wird, muss man ihr doch ab und zu wie z.B. im vorliegenden Beispiel Riester-Rente Respekt zollen. Nach eingehender Prüfung erläuterte EU-Generalanwalt Jan Mazak in seinem Schlussantrag dass das aktuell von der Deutschen Bundesregierung geförderte Riester-Renten Modell in verschiedenen Punkten gegen EU-Recht verstoße. Anders als dies vielleicht zu vermuten wäre, handelt es sich bei den Verstößen allerdings um Nachteile für Deutsche Riester-Sparer, die auszumerzen gilt.

Wer als Rentner ins Ausland zieht muss bislang Riester-Förderung zurückzahlen

Einer der häufigsten Diskussionspunkte um die staatliche geförderte private Altersvorsorge ist die nur inländische Förderung. D.h. wer nicht oder nicht mehr in voller Höhe in Deutschland steuerpflichtig ist, muss die erhaltene staatliche Förderung zurückbezahlen. Die Regelung gilt nicht nur für Personen deren Partner im grenznahen außerdeutschen Bereich arbeiten und deren Einkünfte entsprechend im Erwerbsland und in Deutschland besteuert werden (müssen), sondern auch für Rentner, die ihren Ruhestand gerne im sonnigen Süden verbringen möchten. Unabhängig vom Lebensalter und der Dauer der Rentenbeitragszahlung gilt: Wer auswandert und sei es auch nur auf unbestimmte Zeit – der muss die komplette staatliche Förderung zurückzahlen.

Wohn-Riester Regelung gilt bislang nur für Immobilienerwerb in Deutschland

Ebenfalls als nicht EU-konform wird die erst kürzlich eingeführte Wohn-Riester Regelung eingeschätzt. Diese wurde durch den Gesetzgeber in einer Form formuliert, dass damit lediglich der Immobilienerwerb in Deutschland möglich wird, was ebenfalls gegen EU-Recht verstößt. Das ist aus politischer Sicht möglicherweise verständlich, wird aber dem europäischen Gedanken und dem gültigen Freizügigkeitsgrundsatz schlicht und einfach nicht gerecht.

Auch wenn der Schlussantrag durch den EU-Generalanwalt nur einen empfehlenden Charakter für die richterliche Entscheidung hat, so gibt es wenig Zweifel, dass die Richter zu einem anderen Ergebnis kommen und der Klage der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland statt geben werden. Eine gute Nachricht für Deutsche Rentner und Lebenspartner mit Arbeitsplatz im benachbarten Ausland.