Purpurener Hipster

purpurener hipster - titelbild faz net
Der nächste kurz-nachgedacht Artikel drängt mehr denn und trotzdem war es selten so schwer etwas Neues zu schreiben. Zinsen? Gibt es kaum noch, also nicht der Rede wert. Also mal schnell einen Blick auf die „Online First Medien“ geworfen und wie an einem Sonntagnachmittag nicht anders zu erwarten wird dort sehr prominent über die Qualität des heutigen Tatorts (mit Armin Rohde – der offensichtlich als Böser einen guten Job macht), Griechenland (braucht Geld, diesmal soll es Russland und eine Pipeline richten) und den nächsten Streik der Gewerkschaft GDL berichtet. Dazwischen müsste jetzt eigentlich noch eine kleine Retrospektive auf Guttenberg (wie diese Woche überflüssigerweise in der SPIEGEL Printausgabe) platziert werden und die thematische Eintönigkeit wäre perfekt.

Doch dann drängt sich ein purpurener Hipster ins Bild und siehe da: noch jemand, der einen festen Startseiten Platz in überregionalen Medien gebucht hat. Der ehemalige Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist zurück „auf Arbeit“ und darf auf einem eigens für ihn geschaffenen Posten als „Delegat für Katechese“ des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung den richtigen Weg für die Förderung des Christentums suchen. Dafür wurde er aus Regensburg abgezogen und in den Vatikan beordert, wo er ebenfalls unterstützend bei den Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten des im Dezember beginnenden außerordentlichen Heiligen Jahres eingreifen darf.

Ob für eine gelungene Feier ein nennenswerter Umbau von Sankt Peter nötig ist oder gar die Räume für Andacht und Gemeinschaft mit neuwertigen Materialien ausgekleidet werden müssen, wird sicherlich in den kommenden Monaten lesenswert bleiben.

Wulff den Schuh zeigen

Nach einem schnellen Blick auf die Google News drängt sich der Eindruck auf, dass irgendwas mit dem als Befreiungsschlag geplanten Interview unseres Bundespräsidenten nicht in Ordnung gewesen muss. Weit und breit findet sich keine erlösende Überschrift, stattdessen häufen sich Titel wie „Wulff beruft sich auf die Menschenrechte“ ( Financial Times Deutschland), „Nichts Unrechtes getan“ oder „Wulff: „Ich lerne noch“ in der Frankfurter Rundschau.

Ohne sich in ausschweifender Interpretation ergehen zu wollen – das liest sich alles in allem nach einem respektvollen, aber eindringlichen Hinweis, dass es nun an der Zeit wäre die Position an der Spitze des repräsentativen Staates neu zu besetzen. Dumm nur: Einen Bundespräsidenten kann man nicht einfach entlassen, wenn der nicht gehen möchte darf er bleiben – bis jemand seinen Amtssitz stürmt oder die Einsicht auch den Präsidenten selber erreicht. Damit ist aber eher nicht zu rechnen, denn, wer nicht erkennt, das Drohanrufe bei Tageszeitungen, Geldmarktkredite vermittelt durch gute Bekannte und Urlaube bei guten Bekannten inklusive kostenfreiem Sitzplatz Upgrade durch andere Bekannte irgendwie schlechter Stil sind, dem ist einfach nicht zu helfen.

Guten Stil wird man in Berlin am kommenden Wochenende zeigen. Anstatt sich, wie der Autor dieses Artikels, in Sarkasmus zu flüchten schnappt sich der interessierte Bürger ein paar Schuhe und lustwandelt damit vor den Amtssitz des Präsidenten um „Wulff den Schuh zu zeigen“. Die Idee ist eine Mischung aus „Schuhwurf auf Bush“ von Muntasser al-Saidi der dafür eine Haftstrafe verbüßte und „Arabischer Frühling“ und gilt der Rückkehr zu einer bei Politikern zuletzt vermissten Eigenschaft: Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und ein gewisses Maß an „Normalbügerlichkeit“, die im Zuge der verstärkten Selbstinszenierung á la Guttenberg irgendwie verloren gegangen ist.

Aus Solidarität mit der Berliner Schuhparade hänge ich Samstag ein paar der selbigen aus dem Fenster – wer sich aktiv vor Ort anschließen mag, kann das hier: http://www.facebook.com/events/265735003480723/ via Facebook tun.

Wer das heutige Wulff Interview nicht so ergiebig fand und bislang an den hellseherischen Fähigkeiten von Oliver Kalkofe zweifelte, dem sei dieser Mitschnitt vom 25.12. empfohlen.

 

Noch mehr über präsidiale Schuhe?

Bürokratie-Abbau zwecks Bürgerentlastung befohlen

Schön. Die Bundesregierung plant – wie Eckart von Klaeden (CDU) es nennt – die Zündung der zweiten Stufe des Bürokratieabbaus und liefert damit, sag ich jetzt mal so, dem politischen Kabarett eine Steilvorlage für frische Lacher zu einem endlich mal skandalfreien Thema. Obwohl, bei der FDP weiß man zurzeit ja nicht so genau, vielleicht findet sich bei aller Liberalität auch hier noch eine Wähler- oder besser gesagt Spender-Zielgruppe, die es öffentlichkeitswirksam zu berücksichtigen gilt.
Naja, wie dem auch sei, es soll also Bürokratie angebaut werden. Das bedeutet eigentlich nichts weiter, als das überflüssige Regelungen und das Personal, welches diese überflüssigen Regelungen einhalten lässt, abgeschafft werden. In der freien Wirtschaft würde sofort der Begriff „Rationalisierungs- und Kündigungswelle“ bei Gewerkschaften und Politikern die Alarmglocken schrillen lassen. Führt ein Staat mittels gewählter Volksvertreter allerdings eine solche Aktion durch und nennt es Bürokratieabbau, klatschen alle Beifall.

Neue Arbeitsplätze Dank Bürokratieabbau

Das ist logisch konsequent, betrachtet man die Vorgehensweise des Bürokratieabbaus. Hier werden zunächst Verordnungen oder wahlweise auch Gesetze erlassen, welche es ermöglichen sollen die Kosten, die die neuen Regelungen des Bundes sowie deren Umsetzung auslösen, möglichst genau zu erheben. Da es sich hierbei um eine ganze neue Aufgabe für den Bund handelt und auch jede der rund 600 Gesetzesänderungen pro Legislaturperiode mit irgendwelchen Kosten für andere verbunden sind, muss (denk ich mir jetzt mal so) erstmal eine neue Stabsstelle, wahlweise auch eine ganze Behörde geschaffen werden, die dann mit anderen Behörden vernetzt wird, welche dann wiederum zusätzliche Vernetzungs- und Kommunikationsbeauftragte benötigen, die dafür Sorge tragen, dass eine möglichst exakte Kostenbemessung möglich wird.

Wo der Bund Kräfte bündelt entsteht Freiraum für Unternehmungen

So gesehen, handelt es sich bei der Maßnahme „Bürokratieabbau“, welche im Koalitionsvertrag vereinbart wurde eher um eine Beschäftigungsaufbau Maßnahme, die vor allem dazu dient eine zusätzliche Behörde zu schaffen, die anderen Behörden das Arbeiten erschwert (weil diese potentielle Umsetzungs-Kosten möglichst exakt zusammenstellen müssen), weswegen dort die Drangsalierungs-Kapazitäten fehlen um Unternehmen und Unternehmern neue Regelungen vorzugeben. Womit das Kernziel, weniger Bürokratie für Unternehmen, Selbstständige, Freiberufler und Existenzgründer ebenso erreicht wäre wie die Schaffung neuer, gut bezahlter Arbeitsplätze.

Da muss man schon feststellen: Klarer Fall von Win-Win Situation.

Für den Fall, dass dieser Artikel zu ironisch anmuten sollte, können Sie die ganze Wahrheit über den geplanten Kabinettsbeschluss zum Thema Bürgerentlastung durch Bürokratieabbau hier bei der F.A.Z. nachlesen

Erste gesetzliche Krankenkassen erheben Zusatzbeiträge

Gut, die große Entlassungswelle ist bisher dank Kurzarbeit und gutem Willen der meisten Arbeitgeber ausgeblieben, aber als voraus denke, gesetzliche Krankenkasse, hat man ja keine andere Wahl als den lang angekündigten Zusatzbeitrag irgendwann tatsächlich zu erheben.

Wie sonst soll eine Krankenkasse auch steigende Kosten und nicht vorhandene Inflation ausgleichen, wenn sie nicht zum letzten Mittel, also in die Taschen der eigenen Versicherten, greift. Die Krankenversicherungs-Kunden haben – dem Gesundheitsfonds sei’s gedankt – ja glücklicherweise auch keine andere Wahl als bei einem gleich hohen Beitragssatz aus einer der verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen zu wählen. Wo solch ein Konkurrenzdruck herrscht, da müssen Krankenkassen nicht lange zögern und es eben einfach tun, das Zusatzbeitrag erheben.

Krankenversicherung DAK macht den Anfang

Die DAK, mit 6,4 Mio. Mitgliedern (davon 4,9 Mio. Beitragszahler) eine der größeren Deutschen Krankenkassen wird den Anfang machen und vermutlich ab dem 1. Februar 2010 einen Zusatzbeitrag in der Höhe von 8,- Euro pro Beitragszahler zusätzlich fordern. Das wird zwar auch nicht wesentlich dazu beitragen, dass die Versicherung ihre Kosten decken kann, aber zumindest hat die Versicherung einen Versuch unternommen die Kosten zu decken, bevor sie staatliche Hilfezahlungen und Beitragsanhebungen fordert.

Natürlich ist die DAK nicht die einzige Krankenkasse, die bereits in den letzten Zügen der Vorbereitungen des Zusatzbeitrages liegt. Auch die kürzlich fusionierte BKK Gesundheit wird ab Februar oder März ebenso einen Zusatzbeitrag erheben wie die KKH Allianz, die ktp BKK oder die BKK Westfalen-Lippe. Für mich als Laien ist es dabei ein kleines bisschen Erstaunlich, dass alle diese Kassen einen Zusatzbeitrag von etwa 8 Euro anstreben, möglicherweise sind Preisabsprachen in diesem Wirtschaftszweig aber sogar einigermaßen opportun.

Jetzt in die FDP eintreten und günstig Privatpatient werden!

Eine, natürlich nur wenigen freiwillig gesetzlich Versicherten vorbehaltene Ausweichstrategie könnte in einem zügigen Parteieintritt in die FDP liegen. Diese, mittlerweile durch einen eigenen Gesundheitsminister auch im Gesundheitsgeschäft tätige Partei, bietet nämlich Mitgliedern den vergünstigten Einstieg in eine private Krankenversicherung der DKV. Parteimitglieder erhalten 5% Rabatt, was nett ist und werden – das ist noch viel netter – ohne Wartezeit und ohne Gesundheitsprüfung in eine private Krankenversicherung aufgenommen. Also los: Sie als freiwillig gesetzlich Versicherte(r), machen Sie die FDP zu Deutschlands Mitglieder stärkster Partei und sparen ganz nebenbei an Krankenkassenbeiträge und Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung. So geht Krankenversichern heute, lesen Sie selbst.

Besserung in Sicht: 8 Prozent der Deutschen über Abgeltungssteuer informiert

In schöner Regelmäßigkeit werden in den letzten Wochen (oder waren es sogar Monate?) immer wieder neue Befragungen zum Thema Abgeltungssteuer durchgeführt. Die Systematik entspricht dabei im Wesentlichen immer demselben Schema: Was wissen sie als Anleger über die Abgeltungssteuer? Während sich nach wie vor 40% mit „gar nichts“ aus dem Gespräch verabschieden sind immerhin 30% mittlerweile soweit, dass sie „etwas“ wissen. Keine Kunst möchte man meinen wo landauf und landab informiert wird was das Zeug hält – dennoch zeigt sich der Normalanleger ignorant. Können sie auch denn mehr als die Hälfte hat sich bereits im letzten Jahr von Neuanlagen ferngehalten (52%) und 60% der Befragten werden sich auch in diesem Jahr nicht mehr mit dem Thema Abgeltungssteuer beschäftigen, frank und frei geben sie im Interview „nichts“ auf die Frage an, was sie dieses letzte Jahr vor der Abgeltungssteuer noch unternehmen werden um ihr Depot umzuschichten.

Soviel Ignoranz schickt mit jeder Befragung neue Wellen der Entgeisterung in die Verkaufsförderungsabteilungen der Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister, allem Aufwand zum Trotz: Anleger wollen ganz einfach nicht auf die guten Tipps hören. Keine Dachfonds kaufen. Keine Lebensversicherung kaufen. Keine Riester-Rente, keine Rürup-Rente und auch sonst nichts, was die Abgeltungssteuer vermeiden hilft. Warum das so ist? Nun – zu viele Informationen zu einem zu langweiligen Thema lassen Normalanleger sofort in Schockstarre inklusive selektiver Nichtwahrnehmung verfallen – und – jene 8 Prozent Streber, die das Thema in und auswendig kennen hatten einfach das Pech andere zu diesem Thema beraten zu müssen…