Global total – wie die Bankenkrise ein Tempolimit in Spanien bewirkt

Ab 7. März gilt auf spanischen Autobahnen ein neues Tempolimit. Aufgrund des stark gestiegenen Ölpreises beschloss die spanische Regierung zum Schutz der ohnehin labilen Wirtschaftslage, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf 110 km/h zu reduzieren. Stellvertretend für die spanische Regierung sagte Vizepremier Alfredo Pérez Rubalcaba gegenüber der Presse: „Wir wissen nicht, wie lange die politische Instabilität im Norden Afrikas und in den arabischen Ländern anhält. Handeln müssen wir aber jetzt.“

Spanien, Afrika und die Bankenkrise

Politisch instabil ist eine politisch korrekte und angesichts der vermutlich tausenden Toten in Nordafrika reichliche milde Umschreibung der Aufstände von Lybien, Tunesien, Ägypten und einigen weiteren Regionen, die nicht so sehr im Mittelpunkt der Medien stehen, weil es dort keine Urlauber und keine Ölquellen gibt. Diese Aufstände, die derzeit gerne als ein Drang zu mehr Demokratie gesehen werden und als quasi Nebeneffekt den Zugang zu Ölquellen versperren, sind allerdings eher ein Produkt schnell steigender Nahrungsmittelpreise.

Die überwiegend junge Bevölkerung der nordafrikanischen Staaten findet in den eigenen Ländern keine Arbeit und sieht sich schnell steigenden Lebensmittelpreisen gegenüber. Was daraus folgt ist weniger der Wunsch nach Demokratie und mehr der Wunsch sich mit der eigenen Arbeitskraft zumindest ausreichend Nahrungsmittel kaufen zu können. Dass dies einfacher gelingen kann, wenn der Präsident oder Revolutionsführer nicht mehr einen Großteil der Staatseinnahmen für sich und seine Sippe vereinnahmt ist derart logisch konsequent, dass die Jugend dort rebelliert. Ob allerdings die europäische Sichtweise – Demokratie wäre jetzt am Zug – tatsächlich der nordafrikanischen Sichtweise entspricht steht derzeit zur Debatte. Eben deshalb sollten europäische wie auch amerikanische Staaten jetzt dabei helfen entsprechende Strukturen zu fördern ohne sie inhaltlich zu beeinflussen. Was nach einem Spagat klingt ist eigentlich unmöglich, dennoch ist es einen Versuch wert, besser Hilfe anbieten und damit scheitern als gar nichts tun und die Staaten sich und vielleicht neuen Revolutionsführern überlassen.

Aber zurück zum Thema – die Proteste in Nordafrika sind das Ergebnis schnell gestiegener Nahrungsmittelpreise. Dieser Effekt ist, so merkwürdig es klingen mag, der Bankenkrise geschuldet. Im Zuge des beinahe Zusammenbruchs diverser Großbanken wurde die Geldmenge dramatisch ausgeweitet. Banken hatten (und haben) damit quasi den Zugang zu beliebig viel Kapital und müssen dafür wie im Falle der USA keinen oder nur einen sehr geringen Zinssatz bezahlen.

Sachwerte wie eben Rohstoffe sind seit der Bankenkrise erste Wahl

Die Ökonomen der Banken sind sich der Situation sehr wohl bewusst und investieren entsprechend in Sachwerte, wie z.B. Immobilien, Edelmetalle (vornehmlich Gold und Silber) , Aktien – und eben auch in Rohstoffe wie es Nahrungsmittel nun einmal sind. Wo viel Geld auf ein nur zögerlich auszuweitendes Angebot stößt steigt unmittelbar der Preis. Das gilt im aktuellen Fall sogar dann, wenn die Nachfrage nach den Rohstoffen für Grundnahrungsmittel seit Jahren relativ stabil ist.

Wollte man es zynisch sehen, könnte man zu dem Schluss gelangen, dass die Amerikaner die Bankenkrise verursacht haben um der Terrorgefahr zu begegnen indem sie durch gezielte Geldmengenausweitung den Hunger der Welt forcieren. Man müsste ihnen dann auch unterstellen, dass sie bereits seit der ersten nicht gedeckten und zu Zertifikaten gestückelten US-Haushypothek darauf spekulierten, dass hungernde Menschen weltweit bereit wären das jeweilige staatliche Regime zu stürzen und in der Folge der USA den gewünschten Einfluss auf die kommende Staatsführung zu gewähren. Das dürfte selbst besonders erfahrene Verschwörungstheoretiker an argumentative Grenzen bringen.

Wie auch immer man die Entwicklung der letzten vier oder fünf Jahre beurteilt, eines dürfte spätestens jetzt sehr deutlich geworden sein: Die (meisten) Staaten der Welt sind in wirtschaftlicher Sicht mittlerweile derart eng miteinander verwoben, dass es in Zukunft immer weniger lokale und immer mehr globale Krisen geben wird. Das spanische Tempolimit als Reaktion auf den Ölpreis ist dabei nur ein plakatives Beispiel. Die Zukunft ist total global.

Ist Dubai pleite?

Na so was. Ausgerechnet aus dem Land des unermesslichen Reichtums kommt die Nachricht der aktuell eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Just in dem Moment, als viele die Finanz-, Banken- und Wirtschaftkrise überwunden sahen, trifft die Geldnot das Arabische Emirat Dubai und damit einen äußerst empfindlichen Stimmungsnerv. Die Reaktionen auf die Nachricht dass der staatseigene Konzern Dubai World um einen mindestens 6-monatigen Zahlungsaufschub gebeten hat, sind entsprechend drastisch. Alle wichtigen internationalen Börsen Indices haben mit deutlichen Verlusten auf diese Nachricht reagiert, alle bis auf den Dow Jones, der Feiertags bedingt heute keinen Handel vorgenommen hat. Plötzlich sind alle Krisenszenarien des letzten Jahres wieder präsent, denn klar ist: Fällt Dubai, fallen auch eine ganze Reihe von Unternehmen vielleicht sogar Staaten der zweiten Krisenwelle zum Opfer.

Der Kreditausfall trifft vor allem europäische Banken und Unternehmen

Dubai gilt nach Jahren des Wirtschaftsbooms als der Finanzplatz der Arabischen Welt und war neben dem Emirat Abu Dhabi der Motor der Entwicklung des Nahen Osten. Gerät Dubai finanziell außer Kontrolle, dann erwächst daraus ohne Zweifel auch ein internationales Finanzproblem, welches diesmal vornehmlich europäische Banken treffen wird, die zu den größten Kreditgebern des Emirates gehören. Aufgrund der teils heiklen politischen Lage im Nahen Osten neigten die Scheichs in der Vergangenheit eher zu Investments in europäische Unternehmen und pflegen Beziehungen gerne und gut zu europäischen Geldgebern. Durch die jetzt eingetretene Zahlungsunfähigkeit müssen eben jene europäischen Banken ihre Kreditrisiken durchleuchten und feststellen welche Kredite nach Dubai vergeben wurden und ob diese als Forderungen ausgebucht werden müssen, also zusätzliches Eigenkapital verschlingen und somit die Not der Banken vergrößern.

Das mühsam erworbene Vertrauen in den Aufschwung ist erstmal dahin

Viel schlimmer als die ca. 40 Mrd. USD die es derzeit umzuschulden gilt dürfte aber der Vertrauensverlust in das wieder Erstarken der internationalen Finanzmärkte sein. Ein Erneuter Zusammenbruch des Interbankenhandels wird mit den bisherigen Mitteln der Geldschöpfung und Staatsgarantien eventuell nicht mehr zu beheben sein. Die Folgen sind wenig kalkulierbar, eines erscheint aber logisch: Glaubt niemand mehr an den Wert des eigenen Geldes, ist das Währungssystem dahin. Dann hätten die „kauft Gold“ Propheten, die hierin eine dringend notwendige Absicherung gegenüber systemischen Risiken sehen tatsächlich Recht behalten. Und alles nur, weil man in Dubai eine Palme aus Sand aufschütten möchte, deren Parzellen sich in Zeiten der Krise als unverkäuflich erweisen. So hat jetzt auch Dubai seine (Luxus-)Immobilienkrise.

Auch Mikrokredit Zahlungsausfälle steigen

Auch mit kleinen Krediten, so genannten Mikrokrediten, werden mittlerweile weltweit profitable Geschäfte gemacht. Dabei ist die Gewinnerzielungsabsicht eigentlich nur ein kleiner Teil dieses Kreditsektors, der sich vor allem in Entwicklungsländern als wesentlicher Bestandteil der Wirtschaftsförderung etabliert hat.

Diese meist von wenigen 10 bis einigen hundert US-Dollar umfassenden Kredite werden bevorzugt an diejenigen ausgegeben, die nach gängigem Kreditvergabe-Schema mangels Sicherheiten nicht kreditwürdig sind. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigte allerdings, dass diese Kreditnehmer besonders zuverlässig sind und zu beinahe 99 Prozent die Kreditsumme samt Zinsen wieder zurückführen.

Die Kreditrückführung stockt, die Institute sind darauf vorbereitet

Die Finanzkrise hat jetzt allerdings auch die Mikro-Kreditnehmer erreicht, wie verschiedene Marktteilnehmer zu berichten wissen. Zwar haben die Banken oder Kreditgeber, meist international agierende Finanzkonzerne, die in der Vergabe von Mikrokrediten einen Beitrag zum ethisch korrekten Handeln leisten einen entsprechenden Kreditzins-Sicherheitspuffer eingebaut, so dass hier die Kreditausfälle zu keiner Bedrohung für die Kreditgeber werden, allerdings sinkt die Rendite für solche Kredite auf nur noch 3 bis 5 Prozent wie verschiedene Anbieter mutmaßen.

Durch Finanzkrise fallen familiäre Transferzahlungen aus

Auslöser für die plötzlich nachlassende Kreditrückführung der Kleinkredit-Nehmer sind neben den ansteigenden Kosten für Nahrungsmittel auch die drastischen Rückgänge der Transferzahlungen von Verwandten aus dem Ausland. Deren finanzielle Not in den Industrieländern ist verursacht durch die Wirtschaftsflaute, was dann neue Armut in den Herkunftsländern auslöst. Folglich entstehen den Kreditnehmenden Familien Einkommenslücken, die durch das Geld aus den Mikrokrediten gedeckt wird, was dessen Rückführung eben erschwert bis verhindert.

Damit schließt sich nicht nur die Verbindung zwischen wohlhabenden und ärmeren Nationen, sondern auch die der Globalisierung, die vom einfachen Bauern in Bangladesh bis zum Industriellen in den USA nun wirklich jeden persönlich betrifft. Womit der Siegeszug der Globalisierung eindrücklich bestätigt wäre. Nur schade, dass immer noch zu viele die Risiken dieser Gemeinsamkeiten und nicht deren Vorteile sehen wollen.

Deutsche Bank Beteiligung an Sal. Oppenheim?

Wie heftig die Finanzkrise immer noch den Banken-Sektor durcheinander würfelt ist derzeit an den Spekulationen um eine Beteiligung der Deutschen Bank am Bankhaus Sal. Oppenheim jr. & Cie. abzulesen. So wie es scheint geht selbst Anteilseignern des seit 220 Jahren im Familienbesitz befindlichen Bankhauses das Kapital für eine weitere Aufstockung der Eigenkapital-Basis der Bank aus. Wie die FAZ berichtet ist die Situation so prekär geworden, dass bereits in den vergangenen Wochen Gespräche mit potentiellen Geldgebern wie z.B. der Credit Suisse geführt aber ohne Einigung abgebrochen wurden. Als wahrscheinlichster Partner gilt deshalb derzeit die Deutsche Bank, welche sowohl über eine entsprechende Kapitalausstattung als auch das passende Geschäftsmodell verfügt um mit Sal. Oppenheim jr. & Cie. eine Ergänzung der eigenen Geschäftstätigkeit erzielen zu können.

Mit einer Bilanzsumme von über 41 Mrd. Euro und einem betreuten Vermögen von rund 132 Milliarden Euro gehört das in Köln beheimatet Bankhaus zu den größten Privatbanken Europas und beschäftigt derzeit über 4.000 Mitarbeiter, die vornehmlich im Rahmen der integrierten Vermögensverwaltungs- und Investmentbank das Vermögen wohlhabender Kunden verwalten.

Eigenhandel und Arcandor haben die Bilanz belastet

Die notwendige Aufstockung des Eigenkapitals soll vor allem durch die herben Verluste im Eigenhandel und das nicht eben gewinnbringende Engagement bei dem KarstadtQuelle Konzern Arcandor hervorgerufen worden sein. Auch wenn die Eigenkapitalquote im Frühjahr bereits durch eine Kapitalaufstockung seitens der Anteilseigner auf eine Quote von über 10 % angehoben worden ist, so scheinen jetzt einige der Inhaber die finanziellen Möglichkeiten ausgereizt zu haben, weshalb ein finanzstarker Partner wie die Deutsche Bank als Absicherung gegen weitere für das Bankhaus gesucht wird.

Für die Deutsche Bank bietet diese Kooperation einen willkommenen Ausbau des Geschäfts mit vermögenden Privatkunden. Kaum eine andere Bank bietet zu solchen Einstiegsbedingungen die Möglichkeit mit den wirklich wohlhabenden dieser Welt ins Geschäft zu kommen. Ob die Kunden des Bankhauses diese Freude teilen bleibt abzuwarten, es dürfte schließlich individuelle Gründe geben warum man sich als Kunde gegen ein Vermögen verwaltendes Mandat der deutschen Bank und für das Bankhaus Sal. Oppenheim jr. & Cie. entschieden hat.

Gefühlte 50 Prozent Vermögen verloren

Jetzt da immer mehr Fachleute die Ansicht teilen, dass der freie Absturz der Weltwirtschaft in ein sanftes Dahingleiten übergegangen ist beginnen die auch die Statistiker außerhalb der Banken die tatsächlichen und gefühlten Schäden zu beziffern. Während sich ein Bundestagsausschuss öffentlichkeitswirksam um die Geschehnisse der HypoRealEstate Bank bemüht und Deutsche Bank Chef Ackermann nicht ohne die ihm eigene Selbstsicherheit Aussagen über das verhalten einzelner Politiker tätigt kümmern sich andere um das wirkliche Befinden der Bürger.

Eine der jetzt veröffentlichten Studien, welche im Auftrag des Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) erstellt wurde, beschäftigt sich mit gefühlten und tatsächlichen Vermögens-Verlusten der Deutschen. Im Auftrag des DIA wurden zehn typische Haushalte befragt, welche über ein repräsentatives Altersvorsorge-Portfolio verfügen, was einen Rückschluss auf rund 80 Prozent der deutschen Haushalte zulasse (sagt das DIA).

Jeder Fünfte beklagt gefühlte 50 Prozent Vermögensverlust

Der Deutsche an und für sich ist für seinen Pessimismus ja durchaus bekannt. Deshalb scheint es auch wenig überraschend, das rund 20 Prozent der Befragten der Meinung waren mehr als die Hälfte ihres Vermögens durch die Wirtschaftskrise eingebüsst zu haben. Das ist – zumindest hat man diese Feststellung im DAI getroffen – grundlegend falsch. Auch wenn Aktien und andere Wertpapiere an Wert verloren haben, so stellen sie doch nur einen kleinen Teil des eigentlichen Vermögens dar. Wer über Immobilienbesitz verfügt oder – wie die meisten – über einen Rentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, der hat genau genommen gar keinen Verlust erlitten, da Deutschland von der Immobilienblase kaum betroffen war und die Renten – hier passt der Ausspruch wirklich – sicher sind.

Der durchschnittliche Verlust, so hat man es beim DIA berechnet, beträgt zwischen 3 und 7 Prozent, was einem Rückgang auf das Niveau von 2006 entspricht und genau genommen keiner Katastrophe sondern eher einem finanziellen Dämpfer entspricht.

Trotz aller Entwarnung kann ich mich persönlich der Krisenstimmung der letzten Monate nicht entziehen – gefühlt ist mein Vermögen um mehr als 3 bis 7 Prozent geschrumpft. Genauer nachrechnen mag ich es lieber nicht …