Opfer evangelischer Missbrauchsvorwürfe

Mit dem Rücktritt von Bischöfin Maria Jepsen hat nun auch die evangelische Kirche ihren Skandal. Anders als im Falle Mixa, der es in den vielen Jahren seiner Herrschaft in Augsburg schaffte es sich mit fast jedem zu verscherzen, hat sich die Norddeutsche Bischöfin bisher als zielstrebige Frau dargestellt, die durchsetzungsfähig und menschlich zugleich ist. Wie sonst, so der allgemeine Konsens konnte sie als erste Frau im Jahr 1992 Bischöfin werden?

Die Frage können und wollen wir an dieser Stelle nicht erörtern, wesentlich wichtiger als die Frage nach der Person und dem Befinden der Bischöfin sollte aus meiner Sicht die Frage nach dem Befinden der missbrauchten Kinder und Jugendlichen sein, deren Peiniger (und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe) einigen Kirchenmitarbeitern und Frau Jepsen scheinbar bekannt war – auch wenn sie sich heute nicht mehr so recht erinnern kann. Das ist schön für sie und ein Gefühl, dass die Missbrauchsopfer wahrscheinlich nur allzugerne teilen würden, aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht können. Manche Wundern verheilen eben nie.

Was bis hierher nach einem bedauerlichen Einzelfall aussieht vor dem sich leider keine Glaubensgemeinschaft, kein Unternehmen und kein Staat zu 100% schützen kann, wird aus meiner Sicht mit dem jetzt erfolgten Rücktritt von Frau Jepsen zu einem wirklichen Skandal. Frau Bischöfin tritt mit dem Hinweis auf die an ihr geübte Kritik zurück und zeigt damit recht deutlich, dass gekränkte Eitelkeit auch vor hochrangigen Kirchenvertretern nicht Halt macht. Sie fühlt sich vielleicht sogar in ihrer Ehre gekränkt, weil niemand glauben mag, dass sie alles über die Missbrauchsvorwürfe vergessen hat.

Soviel Selbstlosigkeit verdient ein Lob, dachte man sich in der evangelischen Kirche und hob in Person von Bischof Ulrich sogar noch ihr Verhalten mit den Worten .“ das ihr in keiner Weise als persönliche Schuld angelastet werden kann und darf“, denn sie habe „ im Rahmen ihrer Verantwortung getan, was nötig war“. Schweigen und Vertuschen war also nötig? Eine interessante Interpretation von Recht und gerecht. Wenn das die offizielle Meinung der evangelischen Kirche ist, hat man es damit recht problemlos geschafft das PR-Desaster des katholischen Bischofs Mixa sogar noch zu toppen.

Anders als hier in Hamburg, hatte man in Bayern und am Vatikan zumindest verstanden, dass Verfehlungen innerhalb der Kirche öffentlich bestraft werden müssen um den Opfern zumindest das Gefühl zu vermitteln, dass die Entschuldigung ernst gemeint sei und es tatsächliches Bedauern von seinen geistlichen Führern erhalte. Soweit ist man in Hamburg noch nicht, da sind jetzt ein paar Missbrauchsopfer daran Schuld, dass man die überaus noble, wenn auch vergessliche, Bischöfin opern musste um Ruhe in die Diskussion zu bringen.

Ich denke, Gott wird mit Erstaunen auf seine Mittler blicken.

120 Mrd. Euro für Griechenland – Portugal Kreditwürdigkeit sinkt, Porto-Kasse ist leer

In der aktuellen politischen Diskussion geht mal wieder um Werte. Diesmal – die Katholiken unter uns werden es begrüßen – nicht nur um künstlerische und moralische und wie die niedersächsische CDU vermutlich benicken würde – glücklicherweise auch nicht um christliche Werte. Diesmal geht es um fassbare, klar berechenbare Werte, um harte Euros nämlich. Schlanke 120 Mrd. davon werden bis zum Jahr 2012 in der Wiege der Demokratie fehlen, was nicht nur ärgerlich, sondern gar erschütterlich ist, offenbart es doch die größte Schwäche des eigentlich doch so gerne vereinten Europa: Die nächsten Wahlen.

Ebenjene Wahlen sollen z.B. der Auslöser für die eingetretene Illiquidität des Staates Griechenland sein. Hätte der Wähler nicht immer neue, teure Forderungen gestellt, die der besonnen handelnde Volksvertreter leider erfüllen musste, müsste jetzt nicht die EU nebst internationalem Währungsfonds die Zeche bezahlen. Oder vielleicht auch prellen, denn wie die Wähler in Griechenland, so sind auch die Wähler in Deutschland das größte Hindernis auf dem Weg zu langfristiger Finanz- und Wirtschaftsplanung. Und so will sich unsere Bundeskanzlerin so kurz vor den wichtigen Wahlen in Nordrhein-Westfalen nicht vorwerfen lass, dass sie Steuergeldern zur Rettung Athens verschwenden würde. Der Wähler mag so was einfach nicht. Schon gar nicht kurz vor Wahlen. Genutzt hat es wenig, denn die Deutsche Zögerlichkeit führte dazu, dass weitere Unsicherheit über die finanzielle Stützung Griechenlands aufkeimte, was quasi minütlich den Soll-Zinssatz klettern lässt.

Aber kaum sagt die Kanzlerin „wir machen da so mit“ (wobei und wie auch immer) droht nächstes Ungemach von den ebenfalls nervigen Rating Agenturen. Die – oder genauer Standard & Poor’s – haben sich nämlich die Staatsfinanzierung des fast griechisch erscheinenden Portugals etwas genauer angeschaut und sind zu dem Schluss gekommen: Denen kann man auch nicht mehr uneingeschränkt vertrauen.

Bevor die Sprache auf „Spekulanten“ kommen könnte hier gleich die verbale Vollbremsung: Spekulieren kann nur, wer Kenntnisse in einem Markt oder einen Missstand aufgedeckt hat. Leere Kassen zu identifizieren, die aufgrund zu hoher Staatsausgaben und zu geringer Wachstumsstimulanz leer gelaufen sind, sind – gibt man sich bei der Prüfung ein bisschen Mühe – schnell zu erkennen. Insofern ist eine Wette auf die Abwertung einer Währung oder die Insolvenz des Staates kein spekulatives, sondern eher ein Basis-Investment. Eines an dem der deutsche Steuerzahler wahrscheinlich auch bald teilhaben wird.

Die WELT Online Satire bringt das Dilemma auf den Punkt: Die Porto-Kasse ist leer und wir alle hätte es ahnen können.