Einstellungssache Financial Times Deutschland

Nach der Frankfurter Rundschau naht nach Berichten in Spiegel und Zeit nun auch das Ende Financial Times Deutschland. Ob das tatsächlich so ist und welche Gründe zu der Einstellung geführt haben hat man in Hamburg bei Gruner & Jahr noch nicht öffentlich gemacht. Neben der Financial Times sollen auch die Wirtschaftstitel Börse Online (Zielgruppe private Geldanleger) und Impulse (Zielgruppe Unternehmensleitung, Selbstständige und ggf. Freiberufler) zur Disposition, sprich zum Verkauf stehen. Alleine die Zeitschrift Capital soll im Verlag verbleiben und das Segment der qualitativen Wirtschaftspresse repräsentieren.

Die deutsche Ausgabe der Financial Times –Missverständnis von Beginn an?

„Ausgerechnet die FTD“ wird sicherlich der eine oder die andere in den nächsten Tagen schreiben und vermuten, dass das Internet nach und nach alle gedruckten Presseititel auffressen wird, dabei müsste es eigentlich besser heißen: ausgerechnet Börse Online? Denn anders als die FTD hatte dieses Magazin tatsächlich einmal schöne Zeiten, vielleicht war es sogar der Erfolg der Börse Online, die das Missverständnis FTD überhaupt erst möglich gemacht hat. Blicken wir kurz zurück in das Jahr 2000. Ganz Deutschland blickte auf den neuen Markt, der von Höchstkurs zu Höchstkurs sprang, junge dynamische Internetunternehmen versprachen eine goldene Zukunft und selbst in BILD und Bunte wurden Aktientipps verbreitet.

Damals dachte die Frankfurter Allgemeine über den Aufbau eines zusätzliches Zustellernetz nach, da die Samstagsausgabe vor lauter Stellenanzeigen derart umfangreich geworden war, dass sie in keinen Briefkasten mehr passte, die „normalen“ Vertriebswege verstopfte und niemand ahnte das monster.de & co. das wichtigste finanzielle Standbein der Printtitel binnen weniger Jahre unwiederbringbar zerstören würde. Damals hatte z.B. das Anlegermagazin Börse Online eine Auflage von 150.000 Exemplaren (heute ca. 65.000 Exemplare) und verfügten über eine stattliche Reichweite in einer vermögenden Zielgruppe, was in etwa einer Lizenz zum Gelddrucken gleich kam. Damals kann keiner damit gerechnet haben, dass die in Lizenz produzierte, weltweit anerkannte Wirtschaftstageszeitung Financial Times in Deutschland nie profitabel werden würde.

Eine Wirtschaftszeitung in Zeiten des Börsen-Boom, was sollte da schiefgehen?

Als die Financial Times Deutschland im Februar 2000 mit Ausgabe Nummer 1 startete, waren die Börsen bereits heiß gelaufen, der Verlag hatte zudem die Mediabudget Planungsphase (ja, so was gab es damals noch) zum Ende des Vorjahres verpasst, so dass Mediaplanern wie Kunden mühsam Geld aus bestehenden Budgets abgeschwatzt werden musste und das neue Projekt nicht so recht ins Laufen kam.
Was dann folgte war der Zusammenbruch des Neuen Marktes, das Platzen der Internetblase, der brutale Budget-Schrumpfprozess im Wirtschaftsbereich und das Festhalten an dem Projekt FTD. Irgendwann so hoffte man bei Gruner, werde sich der Stellenmarkt erholen, werde man dem Handelsblatt mehr Budget streitig machen, irgendwann werde man auch Lifestyle Kunden ansprechen können und damit die restlichen Budgetlücken auffüllen. Irgendwann ist auch nach 12 Jahren Financial Times in Deutschland nicht eingetroffen – und es ist nicht das Internet, dass das Ende der FTD besiegelt.

Aus Sicht der Mediaplanung war dieser Titel immer modern, gut recherchiert und toll umgesetzt aber leider auch reichlich überflüssig. Gruner + Jahr ist es in all den Jahren nicht gelungen die FTD so zu positionieren, dass hier eine werberelevante Zielgruppe angesprochen wird, die nicht auch über andere Titel wie z.B. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Welt, Süddeutsche oder eben das Handelsblatt zu erreichen wäre. Anders als die FTD hatten diese Titel alle eine langjährige Leser- und Werbekundenbindung, die das Überleben bis heute und sicherlich auch für die kommenden Jahre sicherstellen wird.

Dass das Aus der Financial Times Deutschland jetzt erst beschlossen wird, ist deshalb fast überraschender, als das es beschlossen wurde. Manchmal ist es eben Einstellungssache.

Tagesgeldkonto Milliarden Einlagen bei ausländische Banken

Wer stützt europäische Banken ohne nach Sicherheiten zu fragen? Der deutsche Kleinanleger. Zumindest lässt das ein Artikel nebst begleitendem Leitartikel der Financial Times Deutschland vermuten.

Die beiden Redakteure der Frankfurter FTD Redaktion, Heinz-Roger Dohms und André Kühnlenz, hatten sich zuvor ganz offensichtlich die Frage gestellt warum Banken wie die Bank of Scotland auch nach mehr als einem Jahr unter den Top Tagesgeldkonto Angeboten immer noch beste Zinsen bietet. Und wie gut eine VTB Direktbank als neuer Anbieter mit österreichisch-russischen Wurzeln den Deutschen Sparer von sich überzeugen kann.

5 Mrd. flossen alleine zur Bank of Scotland

Das Ergebnis muss selbst erfahrene Redakteure überrascht haben, anders kann sich ein eher dröges Thema „Tagesgeld“ kaum für einen Leitartikel qualifiziert haben. So hat nach FTD Informationen die Bank of Scotland bereits mehr als 5 Mrd. Euro, ABN Amro (moneYou) ca. 2 Mrd. und die noch nicht einmal ein Jahr am Markt tätige (Eintritt Juli 2011) VTB Direktbank rund 1 Mrd. Euro eingesammelt.
Das erscheint in der Summe erstaunlich – und zeigt zugleich wie unbekümmert so mancher Deutsche Sparer sein Vermögen nach dem jeweils höchsten Zinssatz ausrichtet, denn die meisten Banken bieten nicht nur einen prima Zinssatz, sie bieten auch eine überschaubare Einlagensicherung auf Basis des Landesrechtes – ausgenommen die Bank of Scotland, die sich auch der deutschen Einlagensicherung in begrenztem Umfang angeschlossen hat.

Und nun? Tagesgeldkonto auflösen?

Ganz so drastisch fällt das Urteil der FTD nicht aus – ein Konto alleine aufgrund der überschaubaren Sicherheit der Einlagensicherung aufzulösen ist auch sicherlich keine Lösung. Dennoch ist der Hinweis auf das Risiko ausländischer Banken mit dem Verweis auf das Kaupthing Bank Debakel durchaus berechtigt, wie der Autor aus eigener Erfahrung nachvollziehen kann. Banken und Sparkassen bieten abgesehen von der Frankfurter Sparkasse 1822 weitgehend keine wirkliche Alternative. Mit Guthabenzinsen von vielfach um die 1% p.a. gleichen die Angebote nicht einmal die Hälfte der Inflation aus und führen damit über lange Sicht zum gleichen Punkt wie die mangelnde Einlagensicherung ausländischer Banken: das Geld ist weg, wenn auch langsam und inflationsbedingt.

Die eine Lösung, die zu allen Problemen passt gibt es also nicht – womit sich hier vielleicht der Kreis zur Inflationsaussage von gestern schließen lässt: Die Enteignung hat begonnen.