Vom Sinn und Unsinn einer Finanztransaktionssteuer

Lange hatte sich die Deutsche Regierungskoalition mit großer Vehemenz gegen die Befürwortung (nicht zu Verwechseln mit Einführung – dazwischen liegen politische Welten) einer Finanztransaktionssteuer gewehrt. Bis gestern, dann fanden, so ganz hoppla hopp, alle die Idee ganz prima. Wie ein solcher Meinungsumschwung zu bewirken ist, dürfte vornehmlich das Heer der in Berlin ansässigen Lobbyisten interessieren, die gerne auch einmal die politischen Stellschrauben so verdrehen würden, dass quasi über Nacht eine 180° Kehrwende bei Kanzlerin nebst Kabinett zu erreichen ist.

Warum der plötzliche Meinungswandel?

Nun, die Finanztransaktionssteuer ist so etwas wie die Eier legende Wollmilchsau, die vor allem von Globalisierungskritikern immer wieder als Lösung aller Probleme ins Gespräch gebracht wird. Aufgrund der gigantischen Summen, die jeden tag rund um den Erdball von einem Investment in das nächste Transferiert werden, könnte bereits eine minimale Steuer von 0,01% einen schönen Milliarden Steuerbetrag erzielen, der dann – je nachdem wer den Vorschlag zur Einführung gemacht hat – für Entwicklungshilfe, Regenerative Energien, Katastrophenhilfe oder wie jetzt in Deutschland: Zur Refinanzierung der durch „Spekulanten“ erzielen Kosten beitragen kann.

Aus dem Blickwinkel der Deutschen Regierungskoalition kann mit einer Finanztransaktionssteuer zum aktuellen Zeitpunkt also tatsächlich der nach der NRW-Wahl dringend benötigte kommunikative Befreiungsschlag geführt werden. Mit einer Steuer, die nur Banken bzw. Spekulanten zahlen – zu denen im Volk nur maximal die „Besserverdiener“ gehören – jene Schulden abzutragen, die die Bankenrettung verursacht hat, ist unzweifelhaft populär. Darüber hinaus nimmt eine solche Steuer den Druck von der arg gebeutelten FDP die Steuern zu erhöhen und lässt eine kleine Chance das Wahlprogramm „Steuererleichterungen“ irgendwann kurz vor den Wahlen doch noch irgendwo jenseits der Hotelbranche durchzusetzen.

Somit kassiert der Staat bei den Verursachern der Krise, nimmt die FDP aus dem Schussfeld und hebt nebenbei die Stimmung, indem es keine Steuererhöhungen für Bürger zu befürchten gibt. Gäbe es die Idee dieser Transaktionssteuer nicht, hätte sie spätestens jetzt erfunden werden müssen um Kanzlerin & Co. ein Licht aus dem wahrhaftigen Wahldunkel zu weisen.

Wieso hat bisher niemand diese Steuer eingeführt?

Nun ist die aktuelle Regierung sicherlich nicht die erste, die eine Wahl und damit auch eine entscheidende Stimmenmehrheit verloren hat. Die Idee der „Tobin Tax“ benannt nach ihrem geistigen Vater James Tobin, der diese Form der Steuer bereits 1972 formulierte, hat schon viele Wahlen und Regierungen kommen und gehen sehen, ohne dass sich jemals jemand ernsthaft mit dem Gedanken getragen hätte sie einzuführen. Ohne Attac, jene Gruppe lose organisierter Globalisierungskritiker, wäre Tobins Idee vielleicht sogar ganz in Vergessenheit geraten und nun, ganz plötzlich zieht ausgerechnet die Deutsche Regierungskoalition sie nach so vielen Jahren als Lösung aller Probleme aus dem Hut? Komisch. Finden Sie nicht auch?

Eine Wahrheit über die Besteuerung von Finanztransaktionen ist: Sie funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Ansonsten schieben die internationalen Konzerne, Banken, Versicherungen und Fonds ihre Gelder ganz einfach von einem nicht besteuerten Finanzplatz zum nächsten und umgehen ohne Probleme die Besteuerung. Die andere, bittere Wahrheit ist: Die Steuer so gering sie auch sein mag und so international sie auch sein kann, wird niemals Unternehmen oder Banken zu Lasten fallen. Sie wird in jedem Fall auf den Endkunden, d.h. nicht nur jeden einzelnen Bank- und Versicherungskunden, sondern jeden einzelnen Endverbraucher, der in jeder Ware die er kauft einen kleinen Aufschlag für diese Steuer mitbezahlt, weitergereicht.

Der eigentliche Zweck Banken und Spekulanten mit dieser Steuer einen Riegel vorzuschieben wird also nicht eintreten. Es trifft – wie bei eigentlich jeder allgemeinen Steuer den Bürger. Erstmals in der Geschichte der Steuererhebung freut der sich diesmal darüber, vielleicht hat deshalb niemals zuvor jemand versucht eine solche Steuer einzuführen. Diese glückliche Fügung der verqueren Öffentlichen Meinung macht Politikern das Leben einfacher und auch mal eine 180° Meinungswende über Nacht möglich. Sag ich jetzt mal so.

Verbraucherzentralen im Finanzberatungs-Test

Die Mitglieder des Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. also Finanzdienstleister im Allgemeinen und Versicherungsmakler im Besonderen müssen sich in regelmäßigen Abständen die Schelte der Verbraucherzentralen abholen. Diese holen (das ist auch gut so) im Sinne des unbedarften Verbrauchers immer mal wieder stichprobenartig Beratungen der verschiedenen Geldhäuser und Versicherungen ein und feststellen dabei öffentlichkeitswirksam fest, dass diese sind nicht immer so fundiert und korrekt sind, wie dies die Werbung der Unternehmen verspricht und der Kunde eigentlich auch verdient hat.

Gemeinsam mit der Fachzeitschrift procontra hat der Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. (AfW) jetzt genau dasselbe durchgeführt und bei den verschiedenen Verbraucherzentralen um Rat zu Anlagestrategien gebeten. Das Ergebnis ist analog den Erkenntnissen, die regelmäßig durch Verbraucherzentralen gewonnen werden – uneinheitlich aber überwiegend positiv.

Ausnahmen bestätigen die Regel – Verbraucherzentrale NRW mit mangelhafter Neutralität

Die Tester, die sich auf kostenpflichtigen Hotlines der Verbraucherzentralen mit dem Wunsch 10.000 Euro anzulegen meldeten wurden überwiegend zu einem Beratungsgespräch in die jeweilige Geschäftsstelle gebeten um dort eine ausführliche Beratung durchzuführen, die auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingeht. Überwiegend bedeutet allerdings auch, dass nicht alle Hotlines derart zugeknöpft waren. Es gab mit der Verbraucherzentrale NRW auch die weniger löbliche Ausnahme, die auf konkrete Rückfragen verzichtete und anstelle dessen einfach den telefonischen Rat zum Kauf von Aktien und einer konkreten Bank für die Geldanlage gab. Ein Vorgehen, das zwar vielleicht löblich, aber eben nicht im Sinne der Verbraucherzentralen ist, die sich selbst enge Reglementierungen auferlegt haben um eine neutrale und zweckdienliche Beratung am Verbraucher vorzunehmen.

So kommt es wie es kommen musste, der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung fordert die Verbraucherzentralen auf sich in Fragen der Finanzberatung den gleichen gesetzlichen Regeln zu unterwerfen, die auch für die Finanzberatung durch Banken, Makler oder Versicherungen gelten – d.h. sachkundiges Personal und transparente Beratung, die durch ein Beratungsprotokoll dokumentiert wird. Das mag für die Verbraucherzentralen ein Mehraufwand sein, ist aber – auch das ist gut so – sinnvoll und wahrlich im Sinne des Verbrauchers.