Steigende Rente und stabile Beiträge

Beinahe paradiesische Zustände durfte der neue Bundesminister für Arbeit und Soziales anlässlich der Verabschiedung des Rentenbericht 2009-Entwurfs der Öffentlichkeit verkünden. Trotz Wirtschaftskrise und, steigender Arbeitslosigkeit und sinkenden Geburtenraten bleibt der gesetzliche Rentenbeitrag von derzeit 19,9 Prozent bis 2014 stabil und wird dann Schritt um Schritt gesenkt um finanzielle Entlastung für Bürger und Betriebe zu bewirken. Wer jetzt glaubt die Rentner müssten diese Rentenbeitrags-Stabilität durch einen Verzicht auf höhere Rentenzahlungen finanzieren, der irrt. Eine im Schnitt 1,6%-ige Rentenerhöhung ist für die Bezieher der Altersrente für die nächsten 15 (!) Jahre vorgesehen. Das schafft nicht nur Begeisterung bei der nächsten Bundestagswahl, sondern beschwingt die wichtigste Wählergruppe der CDU-/CSU-Fraktion sogar noch zwei weitere Legislaturperioden. Aber das sei nur am Rande bemerkt.

Die Renten sind „gesichert“ – kennen wir die Redewendung nicht schon?

Ein bisschen getrübt werden die schönen Renten-Aussichten durch den Klang der hessischen Mundart, welche im Bezug auf Rentenversprechen bereits durch einen früheren Minister in diesem Amt erheblich an Glaubwürdigkeit eingebüsst haben. Nach Norbert Blüm ist Dr. Franz-Josef Jung jetzt der Zweite Hesse, der im Namen der Bundesregierung Rentensicherheit propagiert – in schönem hessischen Satz- und Wortgebilde heißt es heute fast wie damals „Die Rentenfinanzen sind trotz der demografischen Herausforderung gesichert. Künftige Beitragszahler werden nicht überfordert.“

Staatlich geförderte private Altersvorsorge dennoch notwendig

Trotz aller Stabilität rät das BMAS weiterhin zur ergänzenden privaten Altersvorsorge. „Die gesetzliche Rentenversicherung ist und bleibt auch weiterhin die zentrale Säule der Alterssicherung“, bekräftigte das Ministerium die eigene Sicht der Lage. Nur wenn gesetzliche und betriebliche bzw. staatlich geförderte private Vorsorge (Riester-Rente) gemeinsam genutzt werden, bietet die umlagefinanzierte gesetzliche Rente ein starkes, zukunftsfestes Alterssicherungssystem.

410.000 Rentner auf Grundsicherung angewiesen

In Rente zu gehen wird immer mehr zu einem finanziellen Risiko wie es scheint. Einer aktuellen Erhebung zufolge sind mittlerweile 410.000 Rentner auf die staatliche Grundsicherung (Sozialhilfe) angewiesen, da die eigenen Renteneinkünfte nicht ausreichen um den Lebensalltag zu bestreiten. Wer jetzt annimmt, dass es sich hierbei überwiegend um Frauen handelt, die während Ihres Arbeitslebens in Teilzeit gearbeitet haben und deshalb einen geringeren Rentenanspruch erworben haben, der irrt. Lediglich knapp mehr als die Hälfte (56%) der Betroffenen Personen sind weiblich, im Vergleich zum Vorjahr stieg der Anteil männlicher Bezieher der Grundsicherung im Rentenalter mit plus 6,1 Prozent sogar deutlich schneller als die der weiblichen mit plus 3,8 Prozent.

Insgesamt beziehen derzeit rund 768.000 Deutsche, die aus Alters-, Krankheits- oder Behinderungsgründen nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen einen Zuschuss zur Alters-, Berufsunfähigkeits- oder Invalidenrente.

Fachleute erwarten für die kommenden Jahre einen weitern Anstieg der Unterstützungsbedürftigen, da dann langsam jene Jahrgänge in Rente gehen werden, deren Arbeitsbiographien viele Jobwechsel und Arbeitsunterbrechungen aufweisen, was die spätere Altersrente deutlich mindert und dadurch den Anspruch auf Grundsicherung eintreten lässt. Staatliche geförderte private Altersvorsorge mittels der Riester-Rente oder Rürup-Rente wird also wichtiger denn je, allerdings werden sich viele der heutigen Beschäftigten keine ausreichende Zusatzrente ersparen können. Zu gering die eigenen Einkünfte als das für die Altersvorsorge viel übrig bleiben würde.

Es scheint fast als hätte sich die seit den 60er Jahren auf Wachstum und Sozialtransfer eingestellte Bundesrepublik bereits vor vielen Jahren an der Last der finanziellen Zukunft verhoben. Ausbaden müssen das allerdings Kinder und Kindeskinder dieser Generation, die eigentlich nur hoffen kann, dass Eltern und Großeltern einen größeren Spargroschen hinterlassen.

Finanzkrise senkt Bereitschaft zur privaten Altersvorsorge

Die Finanzkrise oder besser gesagt deren Auswirkungen Kurzarbeit, Ausfall von Bonifikationen und Personalfreisetzung senken die Bereitschaft zur privaten Altersvorsorge deutlich, wie jetzt eine Altersvorsorge-Studie der Postbank herausgefunden hat. So wirklich überraschen kann das aber eigentlich nicht, stehen doch gerade die Banken als Verursacher der Finanzkrise derzeit unter öffentlicher Beobachtung, was wenig dazu beitragen dürfte die Lust am Konsum zu dämpfen und die Begeisterung für Basis- oder Riester-Rente zu wecken.

Besonders Sparer, die der mittleren Einkommensschicht zuzuordnen sind, d.h. jene, die über ein monatliches Nettoeinkommen zwischen 1500 und 2499 Euro verfügen stellen sich derzeit quer, wenn Berater Ihnen die Vorzüge der frühen Altersvorsorge vermitteln möchten und geben im Rahmen der Studie an, künftig nicht mehr Geld für die Altersvorsorge einzuplanen.

Vielleicht müssen sie das auch gar nicht, weil sie zu denjenigen gehören, die bereits im Alter von 25 Jahren eine jener 132 Euro-Beitrag-pro-Monat Vorsorge abgeschlossen haben, die später zu einer Rente von rund 1000 Euro pro Monat reichen soll.

999 Euro Beitrag für 1000 Euro Rente?

Vielleicht gehören sie aber auch zu jenen 55-jährigen, die nicht verstehen warum sie für 1000 Euro Zusatzrente 999 Euro monatlichen Beitrag zahlen sollen, was sich die meisten weder leisten können noch wollen.

Vielleicht haben die Befragten aber auch in diesem Jahr das beliebte Jahresendrennen um die best-motivierende Riester-Renten Studie leid und möchten dieses Jahresende ohne das alljährlich wiederkehrende Altersarmut-Horrorszenario begehen?

Riester-Rente in Teilen gesetzeswidrig

Nun ist es amtlich, der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat entschieden, dass die staatlich geförderte Altersvorsorge –besser bekannt als Riester-Rente – nicht dem europäischen Recht entspricht. Das ist nicht wirklich eine neue Erkenntnis, aber doch irgendwie bedrohlich, da es jetzt amtlich ist. Im Detail betrifft die Entscheidung das Recht der Freizügigkeit, d.h. wer eine Riester-Rente abgeschlossen hat, der sollte sie auch in voller Höhe bekommen, egal wo er sich im Rentenalter aufhält. Genau dieser Punkt war aber bisher exakt auf Deutschland ausgerichtet und daher wenig EU-konform.

Bislang galt: Wer eine Riester-Rente hat und im Rentenalter aus welchen (wie gut auch immer nachvollziehbaren Gründen) ins Ausland umsiedelt, der muss die staatliche Förderung zurückzahlen. Das geht so nicht – sagt der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und hat damit als letzte Instanz automatisch Recht.

Es muss also eine entsprechende Gesetzesänderung folgen, die nach ersten Schätzungen nicht näher benannter Fachleute rund 500 Mio. Euro zusätzlich kosten wird. Dass Gros der zukünftigen Deutschen Rentner wird dieser Änderung aber mit Sicherheit begrüßen, denn: Was gibt es Schöneres als einen Ruhestand unter südlicher Sonne – und – was kann irgendjemand dagegen haben wenn jemand seine lang angesparte Riester-Rente im sonnigen Süden verbringt. Oder anders gesagt – eine Gesellschaft die Milliarden-Bürgschaften für Banken stellt, wird ein paar Rentner unter südlicher Sonne auch verkraften. Denk ich mir so.

Riester-Rente bleibt Absatzrenner

Auch wenn die Deutschen als gute Sparer gelten, mit einem solchen Erfolg der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, kurz Riester-Rente genannt, hätte noch vor wenigen Jahren niemand gerechnet. Dass aus dem umständlichen und irgendwie kaum lohnenden Versicherungskonstrukt mittlerweile eine vielseitige und teilweise innovative (ja wirklich) Geldanlage geworden ist, ist auch Deutschen Sparern nicht verborgen geblieben. So kommt es, wie es sicherlich kaum jemand vermutet hatte – auch im Jahr der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, können neue Riester-Rente Kunden gefunden werden.

12,4 Mio. Riester-Rente Sparer

Mit einem neuen Höchststand von 12,4 Mio. Riester-Rente Abschlüssen markiert die Riester-Rente einen neuen Sparer-Rekord. Niemals zuvor wurde eine private Altersvorsorge von einer derart breiten Schicht der Bevölkerung angenommen und abgeschlossen. Inwiefern die 260.000 Neukunden des ersten Quartals 2009 aus Angst vor der Finanzkrise zu Riester-Rente Sparern geworden sind, bleibt dabei nur eine wage Vermutung. Möglicherweise hat auch die seit 1.1.09 geltende Abgeltungssteuer einen zusätzlichen Schub für den Verkauf der Riester-Rente bewirkt, da das dort angesparte Vermögen erst zum Ablauf der Beitrags – also mit Beginn des Rentenalters – versteuert werden muss und somit deutlich Vorteile hinsichtlich der Abgeltungssteuer für Sparer erzielbar sind.

Letzte Förderstufe + Boni für Kinder und unter 25-Jährige

Möglich auch, dass die seit 2008 geltende letzte Förderstufe der Riester-Rente endgültig zum Durchbruch verholfen haben, da endlich die maximale Riester-Förderung von 4 Prozent des zu versteuernden Einkommen + 200 Euro Abschlussbonus für alle unter 25jährigen und 300 Euro für Kinder, die nach dem 1. Jan 2008 geboren wurden weitere attraktive Anreize für eine solche Rente darstellen.

Vielleicht haben aber auch einfach nur die von der Finanzkrise arg gebeutelten Versicherungsmakler einfach die Vertriebsleistung in diesem Bereich besonders intensiviert, da Finanzkrisen bei kaum einem anderen Thema einen solchen Bezug zu sinnvoller Vorsorge bieten. Wie auch immer – der Generation Riester-Rente wird Altersarmut ein bisschen weniger zu schaffen machen, als dies vor wenigen Jahren noch zu vermuten war.