Mit Bedauern korrigieren

Muss der amtierende Bundesminister für Verteidigung, Karl-Theodor zu Guttenberg, seine Einschätzung zu dem Militärschlag in Kundus, Afghanistan. Amerikanische Kampfflugzeuge hatten dort unter Befehl des Deutschen Oberst Klein in einem nächtlichen Einsatz der dort stationierten ISAF Friedenstruppen einen von Aufständischen (Taliban?) entwendeten Tanklastzug mit zwei 500kg Bomben zerstören lassen.

Die auf diesen Einsatz folgende kommunikative Vernebelungstaktik seitens der Bundeswehr hatte vor wenigen Tagen den bis zur Bundestagswahl für den Bereich Verteidigung verantwortlichen – jetzt ausgeschiedenen Minister für Arbeit und Soziales – Franz Josef Jung zum Rücktritt bewogen. Dieser hatte die zu diesem Einsatz gehörigen Untersuchungsberichte schlicht nicht selbst gelesen und dennoch öffentlich kommentiert und an die NATO weiterleiten lassen. Die dort beauftragten Spezialisten erstellten daraus eine Lageeinschätzung, welche in ihrer vollen Dimension jetzt erst dem neuen Verteidigungsminister zu Guttenberg vollumfänglich bekannt gemacht wurde, nachdem dieser einen Tipp aus Journalistenkreisen erhalten hatte und trotz aller Nachfrage bei Rang hohen Bundeswehr Verantwortlichen auf Schweigen gestoßen war.

Ebenjene Rang hohe Mitarbeiter der Bundeswehr sind mittlerweile aus ihren Ämtern entlassen und zu Guttenberg ist seinem eigenen Anspruch für Transparenz zu Sorgen einen großen Schritt näher gekommen. Dass er gestern vor dem Bundestag seine Sicht auf die Vorgänge von Kundus und die Einschätzung der Soldaten vor Ort „Mit Bedauern korrigieren“ muss, muss man einem politisch Verantwortlichen wie zu Guttenberg sicherlich hoch anrechnen, bringt es doch ein bisschen der verlorenen Glaubwürdigkeit zurück. Seine Partei wie auch die Regierungskoalition wird dieses quasi Eingeständnis des eigenen Fehlers (er hatte Oberst Klein direkt nach seinem Amtsantritt von allen Fehlern freigesprochen) wahrscheinlich weniger zu schätzen wissen, dabei ist dieses Eingeständnis nun wirklich der einzige Weg aus dem verkrusteten System Bundeswehr eine moderne Verteidigungsbehörde zu machen und den Deutschen Soldaten die notwendige Rückendeckung seitens der Deutschen Bevölkerung zu verschaffen. Möge der Fehler von Kundus ein Wende in der Diskussion um und bei der Taktik für Deutsche Auslandseinsätze werden.

Kristina Köhler vertritt Hessen in der Regierung

Mit Franz Josef Jung, bis heute Minister für Arbeit und Soziales, verlor der hessische Ministerpräsidenten Roland Koch seinen Mann in der Regierung Merkel. Koch wäre aber nicht Koch, wenn er nicht binnen Stunden die Nachfolgeregelung mit der Kanzlerin abgestimmt hätte. Während sich Jung im Rahmen einer Pressekonferenz zu dem Grund seines Rücktritts äußerte und dabei zwar betroffen aber nicht unbedingt unglücklich wirkte, wurden hinter den Kulissen schon eifrig Stühle gerückt.

Das Ergebnis ist aus hessischer Sicht ebenso logisch wie konsequent, für die nicht Wiesbadener aber sicherlich eine Überraschung. Mit nur 32 Jahren zieht Kristina Köhler, Inhaberin des Direktmandats Wiesbaden in das neu gebildete Kabinett als Familienministerin ein. Allerdings räumt man der Nachwuchspolitikern Köhler erstmal eines der weniger aufregenden – aber für viele Deutsche sehr wichtigen – Ministerien frei, anstelle von Ursula von der Leyen wird sie künftig als Familienministerin am Kabinettstisch sitzen und nicht nur für Familien, sondern eben auch für Hessen und dessen Ministerpräsidenten sprechen.

Warum Köhler? Warum nicht?

Warum es ausgerechnet Kristina Köhler geschafft hat an der Riege der verdienten hessischen CDU PolitikerInnen vorbei zu ziehen und den begehrten Ministerposten zu erhalten, wird sicherlich ein Geheimnis zwischen Kanzlerin und Ministerpräsident bleiben, möglich aber, dass das Koch’sche Stammpersonal bislang keinen bleiben Eindruck in Berliner Regierungskreisen hinterlassen konnte und somit die junge und engagierte Köhler ganz einfach die beste Kompromisslösung war. Als Idealbesetzung, das wird sie sicherlich auch selbst zugeben, kann sie derzeit nicht gelten. Ohne praktische Erfahrung in Sachen Familiengründung dürfte sie das von der Übermutter von der Leyen geprägte Ministerinnen-PR-Abbild kaum aufrechterhalten können.

Da jeder Nachteil aber auch Vorteile bietet, wird es ab sofort vor allem für die in der Familiengründungsphase befindlichen Wählerinnen gleichen oder jüngeren Alters recht einfach sich mit der Ministerin und ihren Idealen zu identifizieren. Das schafft Akzeptanz bei der jungen Wählerschaft und lässt Raum für neue Ziele. Wir Hessen drücken die Daumen für die neue, junge Koch-Abgesandte in Berlin.