Online-Durchsuchung: Was ist das, warum ist das problematisch und warum die heiße Diskussion in der Öffentlichkeit?

Ein führender Politiker soll die Notwendigkeit von staatlichen Online-Durchsuchungen mit dem Argument untermauert haben, dass Kriminelle, die ihre SIM-Karte sofort nach einem Telefonat aus dem Mobiltelefon entfernen und wegwerfen, ohne das Mittel der Online-Durchsuchung nicht gefaßt werden könnten. Mit einer Online-Durchsuchung hat dieser Sachverhalt indes nichts zu tun. Eine Erläuterung des Begriffs scheint danach angezeigt.

Was ist eine Online-Durchsuchung?

Als Online-Durchsuchung wird nach Wikipedia der heimliche staatliche Zugriff auf informationstechnische Systeme über Kommunikationsnetze bezeichnet; der Begriff umfasst dabei sowohl den einmaligen Zugriff (Online-Durchsicht) wie auch eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Überwachung (Online-Überwachung).

Welche Möglichkeiten der Online-Durchsuchung gibt es?

Es gibt diverse Alternativen. Neben der Auswertung von aktuellen Inhalten von Datenträgern und der Beobachtung von Datenträgern auf Veränderungen („Spiegelung“ bzw. „Monitoring“ genannt), können durch sog. „Keylogging“ (Tastatureingaben-Mitschreiber) bzw. Sniffer (Schnüffler) Zugangsdaten, also Benutzername und Paßwort, erlangt und zum Zugriff auf geschützte Daten eingesetzt werden (vgl. Buermeyer in HRRS 04/2007, S. 154ff.). Denkbar ist auch das Mitschneiden der Telefonie über das Internet direkt an den beiden Endgeräten/ Rechnern der Nutzer („Quellen-TKÜ“).

Warum ist das rechtlich problematisch?

Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten verstößt die Spiegelung, das Monitoring sowie das Keylogging gegen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Grundgesetz). Eine Quellen-TKÜ würde gegen das Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 Grundgesetz) verstoßen. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage müßte also her.

Warum die heiße Diskussion in der Öffentlichkeit?

Man weiß es nicht genau. Sicherlich, die Möglichkeiten der staatlichen Online-Durchsuchung müssten gesetzlich genau und sehr eng definiert werden. Aber warum diskutiert die Öffentlichkeit heiß über die Online-Durchsuchung, die den Großteil der Menschen nicht betreffen wird? Bedenkt man, daß laut Fachkreisen (z.B. Chaos Computer Club) sämtliche Möglichkeiten der Online-Durchsuchung durch den Verdächtigen durch vorsichtiges Handeln und durch geeigneten Schutz (Virenscanner, Nutzung Unix-System) umgangen werden können, erscheint das Vorhaben der Politik und die Diskussion in der Öffentlichkeit noch weniger verständlich. Wie wäre es statt dessen mit einer Debatte zur Vorratsdatenspeicherung? Denn diese betrifft Jeden, immer und überall.