Kindle kaufen ? Ein Gewissenkonflikt.

Ob kleinere oder größere Buchhandlung – ich bin ein Fan von diesen Läden in denen Staubfänger aller Größen, Farben, Formen und Inhalte gehortet und – natürlich – verkauft werden.

Diese Staubfänger-Verkaufsläden strömen völlig unabhängig von Ihrer Größe immer noch so etwas wie entspannte Gelassenheit aus. Diese inhaltliche Verdopplung möge man hier verzeihen sagt sie doch genau das aus, was man bei Betreten einer Buchhandlung (Samstage sind von dieser Beschreibung ausgenommen) fühlt – Erleichterung den Dauerterror maximaler digitaler Erreichbarkeit und ausufernder Informationsflut endlich zu entfliehen. Mit Übertreten der Türschwelle mutiert man quasi von Bastian Balthasar Bux zu Atréju, befreit sich von den Zwängen des digitalen Alltags und schlüpft in die Welt des Phantastischen – wenn man nicht grade nach der Autobiografie von Bud Spencer sucht.

Bedroht Kindle den stationären Buchhandel?

Ausgerechnet in diese noch so heile phantastische Welt dringt nun Amazon mit seinem digitalen Buchlesegerät „Kindle“ ein. Schluss mit Papier, Schluss mit Eselsohren, Schluss mit Seite vergessen und Satz noch mal lesen … Schluss Schluss Schluss. Alle diese Dinge über die ich mir die Welt des Lesens, des Verstehens, des Miterlebens, des Mit- und Nachfühlens erschlossen habe – einfach so Schluss?

Tja. Irgendwie interessiert es einen ja schon dieses gerät. Für derzeit 139 Euro bekommt man ein 15 cm großes Display, mit dem immer genau das Buch verfügbar ist, das man grade lesen möchte. Per Knopfdruck kann man weltweit auf die Amazon Datenbank zugreifen und eines der zurzeit 650.000 verfügbaren Bücher in deutscher oder englischer Sprache „laden“ und lesen. Anders als iPad & Co. ist das Display auch bei heller Sonneneinstrahlung lesbar und bietet Platz für bis zu 3.500 Bücher – nur für den Fall, dass das aktuelle Werk derart langweilig ist, das man zwischendurch umschalten möchte.

Aber will ich das? Will ich die Digitalisierung auch in das letzte Refugium des Alltags, das entspannende Lesen eindringen lassen? Ich weiß es nicht, genau hier setzt er an, der Kindle kaufen Gewissenskonflikt.

Entweder Broder – Die Deutschland Safari

Davon abgesehen, dass „Warum-Fragen“ irgendwie ungelenkt wirken, gibt es doch Momente an denen es keinen eleganten Weg daran vorbei gibt. Deshalb an dieser Stelle: Warum sendet die ARD eine Serie wie „Entweder Broder – Die Deutschland Safari“ eigentlich zu einer Uhrzeit und auf einem Sendeplatz, der alle Anforderungen an „Sparten-TV“ erfüllt?

Hat man etwa Angst, dass dieser herrlich politisch unkorrekte Umgang mit Religionen von zu vielen Menschen gesehen werden könnte? Oder möchte man durchhaltewilligen Bildungsbürgern auf dem Sendeplatz nach ttt (Titel Thesen Temperamente) noch ein kleines Betthupferl als Integrations-Debatten Highlight bieten?

Wer wie ich die Deutschland Safari der ungleichen Reisenden Henryk M. Broder und Hamed Abdel-Samad auf der Suche nach deutschen Antworten zu Integration, Religion und Motivation fast vollständig auf der ARD verpasst hat fragt sicht vielleicht: Wo sehe ich jetzt die fehlenden Teile?

Nicht bei der ARD, das lässt sich leicht herausfinden, denn anders als bei privaten Sendern sind zeitnahe Wiederholungen dort eher seltene Programmbestandteile. Dieser eigentlich positive Umstand ist in diesem Fall umso mehr zu bedauern, da Henryk M. Broder als Publizist charmant aber bestimmt das Buch zur Serie (auf der entsprechenden Reise Internetseite) anpreist und auf eine DVD zur Serie verzichtet.

Abhilfe schafft in diesem Fall (wieder einmal) Youtube wo sich netterweise die verschiedenen Teile beliebt oft anschauen lassen. Dass das Buch zur Serie dennoch ein fester Bestandteil des diesjährigen Weihnachtsgeschenk-Repertoire sein wird, dürfte den jüdisch-moslemischen Safarireisenden auf Ihrem Weg durch Sitten und Religionen sicherlich gefallen, welches Kompliment könnte schöner sein als aufrichtiges Interesse und ehrliche Begeisterung.

Das Buch zur Serie Entweder Broder – Die Deutschland Safari
gibt es für 14,99 Euro z.B. hier bei Amazon:

  

 

Teil 5 von 5 Entweder Broder

Opfer evangelischer Missbrauchsvorwürfe

Mit dem Rücktritt von Bischöfin Maria Jepsen hat nun auch die evangelische Kirche ihren Skandal. Anders als im Falle Mixa, der es in den vielen Jahren seiner Herrschaft in Augsburg schaffte es sich mit fast jedem zu verscherzen, hat sich die Norddeutsche Bischöfin bisher als zielstrebige Frau dargestellt, die durchsetzungsfähig und menschlich zugleich ist. Wie sonst, so der allgemeine Konsens konnte sie als erste Frau im Jahr 1992 Bischöfin werden?

Die Frage können und wollen wir an dieser Stelle nicht erörtern, wesentlich wichtiger als die Frage nach der Person und dem Befinden der Bischöfin sollte aus meiner Sicht die Frage nach dem Befinden der missbrauchten Kinder und Jugendlichen sein, deren Peiniger (und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe) einigen Kirchenmitarbeitern und Frau Jepsen scheinbar bekannt war – auch wenn sie sich heute nicht mehr so recht erinnern kann. Das ist schön für sie und ein Gefühl, dass die Missbrauchsopfer wahrscheinlich nur allzugerne teilen würden, aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht können. Manche Wundern verheilen eben nie.

Was bis hierher nach einem bedauerlichen Einzelfall aussieht vor dem sich leider keine Glaubensgemeinschaft, kein Unternehmen und kein Staat zu 100% schützen kann, wird aus meiner Sicht mit dem jetzt erfolgten Rücktritt von Frau Jepsen zu einem wirklichen Skandal. Frau Bischöfin tritt mit dem Hinweis auf die an ihr geübte Kritik zurück und zeigt damit recht deutlich, dass gekränkte Eitelkeit auch vor hochrangigen Kirchenvertretern nicht Halt macht. Sie fühlt sich vielleicht sogar in ihrer Ehre gekränkt, weil niemand glauben mag, dass sie alles über die Missbrauchsvorwürfe vergessen hat.

Soviel Selbstlosigkeit verdient ein Lob, dachte man sich in der evangelischen Kirche und hob in Person von Bischof Ulrich sogar noch ihr Verhalten mit den Worten .“ das ihr in keiner Weise als persönliche Schuld angelastet werden kann und darf“, denn sie habe „ im Rahmen ihrer Verantwortung getan, was nötig war“. Schweigen und Vertuschen war also nötig? Eine interessante Interpretation von Recht und gerecht. Wenn das die offizielle Meinung der evangelischen Kirche ist, hat man es damit recht problemlos geschafft das PR-Desaster des katholischen Bischofs Mixa sogar noch zu toppen.

Anders als hier in Hamburg, hatte man in Bayern und am Vatikan zumindest verstanden, dass Verfehlungen innerhalb der Kirche öffentlich bestraft werden müssen um den Opfern zumindest das Gefühl zu vermitteln, dass die Entschuldigung ernst gemeint sei und es tatsächliches Bedauern von seinen geistlichen Führern erhalte. Soweit ist man in Hamburg noch nicht, da sind jetzt ein paar Missbrauchsopfer daran Schuld, dass man die überaus noble, wenn auch vergessliche, Bischöfin opern musste um Ruhe in die Diskussion zu bringen.

Ich denke, Gott wird mit Erstaunen auf seine Mittler blicken.

Woran wir glauben?

Nein, es handelt sich nicht um einen Beitrag über die Kirche, keine Sorge. Aber die hatten Sie auch nicht. Stimmts? Egal. Es handelt sich eher um den manchmal seltsam wirkenden Zusammenhang von Werbung und redaktionellen Inhalten, die nicht nur bei Tageszeitungen, sondern – begünstigt durch die Einführung immer größerer Werbeplätze – auch im Onlinemarketing sichtbaren Einzug gehalten haben.

Im konkreten Fall darf aber vermutet werden, dass sich die Redaktion von Zeit Online eher nicht bewusst gewesen ist, dass der Volksbanken und Raiffeisenbanken Banner „hängt“ (also keine weitere Text oder Bildeinblendung zeigte) und bei einer geringen Monitorauflösung wie der meinen lediglich „Woran wir glauben – Das Elend der FDP“ zu lesen ist.

Es ist allerdings anzunehmend, dass diese Kombination aus Werbung und Überschrift in den Reihen der FDP auch keine Verwunderung mehr auslöst, denn – um ein bekanntes Fußballer Zitat aufzugreifen – dort gilt seit dem erfolgreichen Aufstieg in die Regierungsliga: Erst hatte man kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu.

Aber liebe FDP, auch hierfür findet sich auf Zitate Online die passende Antwort: Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken.“

Vom Sinn und Unsinn einer Finanztransaktionssteuer

Lange hatte sich die Deutsche Regierungskoalition mit großer Vehemenz gegen die Befürwortung (nicht zu Verwechseln mit Einführung – dazwischen liegen politische Welten) einer Finanztransaktionssteuer gewehrt. Bis gestern, dann fanden, so ganz hoppla hopp, alle die Idee ganz prima. Wie ein solcher Meinungsumschwung zu bewirken ist, dürfte vornehmlich das Heer der in Berlin ansässigen Lobbyisten interessieren, die gerne auch einmal die politischen Stellschrauben so verdrehen würden, dass quasi über Nacht eine 180° Kehrwende bei Kanzlerin nebst Kabinett zu erreichen ist.

Warum der plötzliche Meinungswandel?

Nun, die Finanztransaktionssteuer ist so etwas wie die Eier legende Wollmilchsau, die vor allem von Globalisierungskritikern immer wieder als Lösung aller Probleme ins Gespräch gebracht wird. Aufgrund der gigantischen Summen, die jeden tag rund um den Erdball von einem Investment in das nächste Transferiert werden, könnte bereits eine minimale Steuer von 0,01% einen schönen Milliarden Steuerbetrag erzielen, der dann – je nachdem wer den Vorschlag zur Einführung gemacht hat – für Entwicklungshilfe, Regenerative Energien, Katastrophenhilfe oder wie jetzt in Deutschland: Zur Refinanzierung der durch „Spekulanten“ erzielen Kosten beitragen kann.

Aus dem Blickwinkel der Deutschen Regierungskoalition kann mit einer Finanztransaktionssteuer zum aktuellen Zeitpunkt also tatsächlich der nach der NRW-Wahl dringend benötigte kommunikative Befreiungsschlag geführt werden. Mit einer Steuer, die nur Banken bzw. Spekulanten zahlen – zu denen im Volk nur maximal die „Besserverdiener“ gehören – jene Schulden abzutragen, die die Bankenrettung verursacht hat, ist unzweifelhaft populär. Darüber hinaus nimmt eine solche Steuer den Druck von der arg gebeutelten FDP die Steuern zu erhöhen und lässt eine kleine Chance das Wahlprogramm „Steuererleichterungen“ irgendwann kurz vor den Wahlen doch noch irgendwo jenseits der Hotelbranche durchzusetzen.

Somit kassiert der Staat bei den Verursachern der Krise, nimmt die FDP aus dem Schussfeld und hebt nebenbei die Stimmung, indem es keine Steuererhöhungen für Bürger zu befürchten gibt. Gäbe es die Idee dieser Transaktionssteuer nicht, hätte sie spätestens jetzt erfunden werden müssen um Kanzlerin & Co. ein Licht aus dem wahrhaftigen Wahldunkel zu weisen.

Wieso hat bisher niemand diese Steuer eingeführt?

Nun ist die aktuelle Regierung sicherlich nicht die erste, die eine Wahl und damit auch eine entscheidende Stimmenmehrheit verloren hat. Die Idee der „Tobin Tax“ benannt nach ihrem geistigen Vater James Tobin, der diese Form der Steuer bereits 1972 formulierte, hat schon viele Wahlen und Regierungen kommen und gehen sehen, ohne dass sich jemals jemand ernsthaft mit dem Gedanken getragen hätte sie einzuführen. Ohne Attac, jene Gruppe lose organisierter Globalisierungskritiker, wäre Tobins Idee vielleicht sogar ganz in Vergessenheit geraten und nun, ganz plötzlich zieht ausgerechnet die Deutsche Regierungskoalition sie nach so vielen Jahren als Lösung aller Probleme aus dem Hut? Komisch. Finden Sie nicht auch?

Eine Wahrheit über die Besteuerung von Finanztransaktionen ist: Sie funktioniert nur, wenn alle mitmachen. Ansonsten schieben die internationalen Konzerne, Banken, Versicherungen und Fonds ihre Gelder ganz einfach von einem nicht besteuerten Finanzplatz zum nächsten und umgehen ohne Probleme die Besteuerung. Die andere, bittere Wahrheit ist: Die Steuer so gering sie auch sein mag und so international sie auch sein kann, wird niemals Unternehmen oder Banken zu Lasten fallen. Sie wird in jedem Fall auf den Endkunden, d.h. nicht nur jeden einzelnen Bank- und Versicherungskunden, sondern jeden einzelnen Endverbraucher, der in jeder Ware die er kauft einen kleinen Aufschlag für diese Steuer mitbezahlt, weitergereicht.

Der eigentliche Zweck Banken und Spekulanten mit dieser Steuer einen Riegel vorzuschieben wird also nicht eintreten. Es trifft – wie bei eigentlich jeder allgemeinen Steuer den Bürger. Erstmals in der Geschichte der Steuererhebung freut der sich diesmal darüber, vielleicht hat deshalb niemals zuvor jemand versucht eine solche Steuer einzuführen. Diese glückliche Fügung der verqueren Öffentlichen Meinung macht Politikern das Leben einfacher und auch mal eine 180° Meinungswende über Nacht möglich. Sag ich jetzt mal so.